«Islington Projekte» zeigt Einblicke in die aktuelle Architektur- ausbildung an der Zürcher Hochschule für Angewandte Wissenschaften, ZHAW Winterhur, anhand von Studentenarbeiten im zweiten Jahreskurs des Bachelor-Studiengangs. Entstanden sind sie unter der Leitung von Barbara Burren, Axel Fickert, Beat Rothen und Thomas Schregenberger. Bemerkenswert dabei ist die starke Einbindung und Auseinandersetzung mit dem städtebaulichen Kontext als Ausgangspunkt der entwerferischen und konstruktiven Arbeit in einer vergleichsweise frühen Phase der Ausbildung.
Aus der Einleitung zur begleitenden Publikation:
Mit den «Islington Projekten» haben wir versucht, ein Semesterprogramm zu entwerfen, das dieser Art von Projektarbeit und Vorgehensweise gerecht wird. Wichtig dafür schien uns, dass sich die Studierenden schon im zweiten Studienjahr mit der ganzen Spannweite der Projektarbeit beschäftigten, von der Auseinandersetzung mit dem Stadtteil bis hin zur Wahl der Materialien, der Konstruktion und der Entwicklung von Details. Dabei sollten sie erfahren, wie komplex, aber auch wie anregend die gleichzeitige Bearbeitung eines Projekts in verschiedensten Massstäben sein kann. Ein weiterer wichtiger Punkt schien uns, dass die drei zu bearbeitenden Orte in Islington (Elizabeth Avenue, Grand Union Canal und St. Lukes Gardens) höchst unterschiedlich sein sollten, damit gerade auch im Vergleich ihre Qualitäten und Eigenschaften sicht- und damit erkennbar wurden. Und schliesslich schien uns das Fremde an Grossbritannien und dem Londoner Stadtteil Islington für unsere Arbeit anregend zu sein. Das Ungewohnte, Andere sollte überraschen, zum Staunen bringen und auch die Vorstellungskraft beflügeln.
Mit England haben wir für unsere Arbeiten eine Kultur gefunden, in der das Wohnen, das Familienleben und die Privatsphäre anders gewichtet werden als bei uns. Wir wollten verstehen lernen, was die Briten mit «my home is my castle» meinen, auch heute und in London.
Die Semesterarbeit war feingliedrig strukturiert. Zu Beginn des Semesters wurden von den Studierenden in grossen Gruppen Informationen zusammengetragen, das Situationsmodell wurde gebaut und eine Analyse des jeweiligen Stadtteils erstellt. Auf dieser Basis wurden dann in Teams Entwicklungsstrategien formuliert, aus denen später die Masterpläne hervorgingen. Diese wiederum waren die Grundlage der individuellen Wohnbauprojekte. So entstanden zu den drei Situationen in Islington je zwei zum Teil sehr unterschiedliche Masterpläne mit insgesamt 56 Wohnbauprojekten. Gearbeitet wurde anfänglich nur mit dem in der Schweiz recherchierten Material, ohne die Situation vor Ort zu kennen. Es sollten eigene Vorstellung entwickeln werden, die dann anlässlich der Seminarwoche Mitte Semester in London überprüft werden konnten.
Begleitet wurde die Arbeit von Vorträgen über England und seine Geschichte und Architektur. Ein Lunch-Kino ergänzte das Programm. In einem sechsteiligen Zyklus wurden britische «Kitchen-sink-Filme» von den 50er Jahren bis heute
gezeigt. Uns schien es wichtig, die britische Kultur und ihre Geschichte intensiv zu studieren, auch um das im Londoner Stadtteil Islington Vorgefundene besser zu verstehen. Darüber hinaus hat uns gerade die englische Architektur und ihre Geschichte einen Fundus an Bildern und Diskussionsstoff geliefert, ohne welche die gezeigten Projekte nicht möglich gewesen wären.
Thomas Schregenberger, Dozent ZHAW