Territorien der Erinnerung – Territoires de la mémoire

«Im historischen Kontext unserer Zeit, geprägt von Modellen laufender Entwicklung und rasanter Veränderungen, durch die die einzelnen Ereignisse täglich aufgefressen werden, mag es anachronistisch und seltsam klingen, wenn man betont, wie wichtig die Rolle des Erinnerns im heutigen Planungsprozess ist. Dies kann als Haltung erscheinen, die weit von den aktuellen Fragestellungen entfernt ist, vor allem für einen Architekten, dessen Aufgabe es ist, laufend neue Lebensbedingungen zu gestalten.
Dennoch ist die Erinnerung heute ein wichtiges Forschungsgebiet, das innerhalb der Welt der Architektur noch immer Gedanken und Hoffnungen nährt: Im Verlauf meines Lebens bin ich nie schöpferisch tätigen Menschen begegnet, die kulturell nicht auch der Vergangenheit verpflichtet gewesen wären.

«Die Vergangenheit als Freund», wie Louis I. Kahn es ausdrückte, ist nicht bloss eine poetische Metapher, sondern eine eigentliche Voraussetzung für die kulturelle Arbeit einer Epoche. Hier lassen sich wertvolle Anlehnungen und zentrales Wissen finden, die uns dabei helfen, der Komplexität der heutigen Widersprüche zu begegnen.
Das Geflecht der Erinnerungen ist eine lebendige Wirklichkeit, der wir in der Philosophie oder in der Kunstgeschichte begegnen; es begleitet uns jeden Tag durch die geistigen Errungenschaften des Menschen, der stets versucht hat, das eigene Leben zu verstehen.
Ein vorurteilsloser Blick auf die Vergangenheit erlaubt es, sich intensive Erfahrungen zu vergegenwärtigen, die im Lauf der Zeit unsere Identität geformt haben.»

Finissage mit Mario Botta